Fachwissen Suisse Floor 2022

Wie der Boden zum Schweigen kommt

TRITTSCHALL. Gegen das Knarren im Holzboden gibt es kein Patentrezept. Beim Bekämpfen der Lärmquelle hilft vor allem die Erfahrung. Fachmännisches Vorgehen sei das Wichtigste, sagen Experten. Denn ein Gebastel schadet dem Parkett – und beseitigt das Knarren kaum dauerhaft.

Der folgende Artikel ist in der SchreinerZeitung erschienen. Zum Original-Artikel
Wollen Sie mehr davon lesen?
Zur Abo-Bestellung
Wollen Sie in der SchreinerZeitung inserieren?
Zu den Mediadaten

Wenn der alte Parkettboden auf jeden Tritt eine Antwort gibt, löst das nicht nur ein Wohlgefühl aus. «Das Knarren hat mich früher oft verraten, wenn ich nach einem lustigen Abend spät nach Hause kam», sagt Albi Graf, Parkettspezialist und Inhaber der Firma Holzpunkt AG im zürcherischen Wila.
Ein schwerwiegendes Problem war das offensichtlich nicht, denn er erzählt es mit einem Lachen. Selbstverständlich gibt es aber Fälle, bei denen das Knarrgeräusch die Wohnqualität in einem Haus erheblich beeinträchtigt. Dann kann es sein, dass der Schreiner zur Hilfe gerufen wird.

Die Suche nach der Lärmquelle
Doch das Problem ist selten einfach zu lösen. «Knarren ist nicht gleich knarren», sagt Graf. Es gebe schlicht kein Patentrezept, um das lästige Geräusch zu beseitigen. Nur schon die Lärmquelle zu lokalisieren, kann ein schwieriges Unterfangen sein. Im einen Fall knarrt das Parkett selbst, im anderen nur die Unterkonstruktion. Ohne den Ursprung genau zu ermitteln, kann man das Geräusch unmöglich eliminieren. Die Ursache ist jedoch oft die gleiche – egal, ob der Ton dem Parkett oder dem Unterbau entspringt: Nägel, die in den Nagellöchern im Laufe der Zeit Spiel bekommen haben,
reiben am Holz und verursachen bei der kleinsten Bewegung Lärm. Das kann sowohl an den Unterwangen des Parketts als auch im Blindboden vorkommen. Es reichen minimale Einfederungen von einem Zehntelsmillimeter, um ein lautes Knarren zu erzeugen. «Gemeinsam ist den Fällen meistens, dass es sich um alte Massivholzböden handelt», sagt Graf. Der Lärm kann so penetrant sein, dass zum Beispiel die Mieter einer
Wohnung nicht mehr schlafen können, sobald die Nachbarn in der Wohnung darüber das Zimmer betreten. Um bei einer Sanierung auf Nummer sicher
zu gehen, gibt es laut Graf eigentlich nur eine Lösung: Das Parkett und die Unterkonstruktion werden bis auf die Balkenlage ausgebaut. Dann wird neu geschiftet, eine Schalldämmung eingebaut, darüber ein Unterboden
verlegt, auf dem wieder das Parkett zu liegen kommt (siehe Interview).

Wenn der Leim nicht richtig hält
Auch neue Parkettböden können laut sein, obwohl das seltener vorkommt. Wird beispielsweise bei einem schwimmend verlegten Riemenboden die Nut-Kamm-Verbindung nicht sauber verklebt, kann dort Reibung entstehen. Lärm wird auch verursacht, wenn bei einem vollflächig verklebten Parkett
der Leim nicht sorgfältig aufgetragen worden ist. «Beim Darübergehen entsteht ein Hohlton, weil Parkett und Unterboden nicht gut verbunden sind», sagt Graf. In beiden Fällen handle es sich um handwerkliche Fehler. «Sie sind einfach zu korrigieren, indem die Elemente an der betroffenen
Stelle ausgebaut und neu verleimt werden.» Den ganzen Boden herauszureissen, mache unter solchen Umständen wenig Sinn.

Billig ist meist nicht gut genug
Ganz abgesehen davon ist die Radikalkur mit Ausbauen und Neuverlegen eine Frage des Geldes. Manch ein Hausbesitzer wünscht auch bei einem älteren Parkett eine möglichst günstige Lösung, um dem Knarren Herr zu werden. Da mahnen Parkettexperten aber grundsätzlich zur Vorsicht, wobei
man auch mal eine Ausnahme machen könne. «Wenn es nichts kosten darf und das Knarren nur in einem eng begrenzten Bereich vorkommt, soll auch mal ein Versuch möglich sein», sagt Graf, zum Beispiel mit einer Schraube, die an der knarrenden Stelle durch das Parkett in den Unterboden gedreht
wird. Das Schraubloch wird danach mit einem Holzzapfen verschlossen. Man
müsse sich einfach bewusst sein, dass dieser «Flick» danach immer sichtbar bleibe, das Parkett einen irreparablen Schaden erleide, sagt Graf. Zudem habe man keine Garantie, dass das Knarren auf Dauer beseitigt sei. Am schonendsten für Parkett und Portemonnaie sei es halt zu akzeptieren, «dass ein alter Holzboden hin und wieder ein Tönchen von sich gibt», sagt Graf. Das sei normal bei Holzkonstruktionen, sogar ein Stuhl könne ja mal tönen, wenn man sich mit Schwung darauf setze.

Der Knarrboden im Neubau
Eine Musteranleitung, wie man sich als Schreiner gegenüber einem knarrgeplagten Kunden verhalten soll, gibt es also nicht. Das bestätigt auch Christian Michel, während vieler Jahre Betriebsleiter bei der Firma Lenzlinger Söhne AG in Uster und Experte für den Schweizerischen Parkettverband
ISP. «Man muss bei jedem Auftrag neu entscheiden, wie man vorgehen will.» Und selbst wenn sich der Auftraggeber zur Vollsanierung durchgerungen hat, gibt es keine Einheitslösung: «Der Aufbau der neuen Unterkonstruktion
hängt ab von der Stabilität des Untergrunds, vom Gewicht, von der gewünschten Schalldämmung und natürlich von den Kosten.» Auch Michel hat schon Erfahrungen gemacht mit neu verlegten Parkettböden, die
«ein fürchterliches Knarren» von sich gaben. Er wurde als Experte in einen Neubau gerufen, wo das Parkett auf einen schwimmenden Zementunterlagsboden geklebt worden war. Weil der Unterlagsboden nach dem Einbau leicht schüsselte, drückten die Parkettdielen eine Staubleiste an den Rahmen eines Kunststofffensters. Der Ton beim Betreten sei fast nicht zum Aushalten, das Problem aber schnell gelöst gewesen: «Ich richtete mit dem Stechbeitel die Staubleiste neu aus, und das Knarren war weg.» MF

www.holzpunkt-parkett.ch
www.lenzlinger.ch
www.parkett-verband.ch

INTERVIEW. Parkettfabrikantin Susann Schmid erklärt, wie sie dem Knarren im Boden auf die Schliche kommt – und ihm den Garaus macht.

SCHREINERZEITUNG: Ein Schreiner kommt zu Ihnen und erzählt, dass er einen alten Parkettboden ruhigstellen muss. Was raten Sie ihm?
SUSANN SCHMID: Die Erfahrung zeigt, dass kein Weg an einer Totalsanierung vorbeiführt, wenn das Parkett wirklich nicht mehr knarren darf. Parkett
und Unterkonstruktion müssen bis auf die Ebene der Balken ausgebaut werden. Dabei muss der Schreiner sorgfältig vorgehen, die Parkettunterwangen dürfen nicht abgerissen werden.

Wieso muss alles raus?
Weil die Lärmquelle sehr oft in der Unterkonstruktion zu finden
ist. Diese kann man nicht kleinräumig sanieren. Für den Blindboden wurde früher normalerweise Tannenholz verwendet, welches federt und
das Gehen angenehm macht. Doch das weiche Holz hält der jahrzehntelangen Beanspruchung weniger gut stand. Es gibt nach, wodurch Spielräume entstehen, die zum Knarren führen. Das passiert oft bei den
Nägeln, aber nicht nur dort.

Wie sieht denn der knarrfreie Neuaufbau aus?
Da die Böden in alten Räumen häufig uneben sind, werden die Balken zuerst seitlich geschiftet. Ist Schlacke in den Hohlräumen dazwischen, so wird diese entsorgt und durch anderes Dämmmaterial ersetzt, zum Beispiel Wolle oder eine Schüttung. Auf die geschifteten Balken kommt eine mindestens 25 bis 30 mm starke Mehrschichtplatte als neuer Träger für das Parkett.

Wird das alte Parkett wiederverwertet?
Ja. Um die beste Wirkung zu erzielen, sollte man aber auch dieses sanieren. Denn auch dem alten Parkett sieht man die Jahre an. Es hat zum Beispiel
Fugen und Absplitterungen und Ober- und Unterwangen sind abgebrochen. Wir trennen die Bretter in der Stärke auf, sodass wir eine Nutzholzschicht von mindestens 5 mm erhalten. Dieses alte Holz wird dann mit einer
Platte, zum Beispiel aus OSBSpezial-oder Fichten-Sperrholz, zu einem Zwei-Schicht-Parkett verleimt. Das Zwei-Schicht-Parkett wird direkt auf die
Mehrschichtplatte der Unterkonstruktion geklebt. Es ist auch die Verleimung zu einem Drei-Schicht-Parkett möglich. Dieses wird auf die Unterkonstruktion
geschraubt oder genagelt.

Aussen alt, innen neu ...
Richtig. Im Prinzip machen wir ein neues Produkt aus dem alten Material. An der Oberfläche bleibt der Charakter des alten Holzes erhalten. Das Parkett
lässt sich jetzt aber präzis und ohne Unebenheiten und Hohlräume verlegen, und es wird kein Knarren mehr verursachen. Zudem ist die Nutzholzschicht
von 5 mm noch stark genug, um mehrmals abgeschliffen
zu werden. Das Parkett wird also noch Jahrzehnte halten.

Das ist sehr aufwendig und bestimmt ebenso teuer. Geht es nicht einfacher?
Die Alternativen sind meistens nicht zu empfehlen. Natürlich kann man zum Beispiel den Boden an einzelnen Stellen hinunterschrauben oder unterschäumen. Das ergibt aber in den meisten Fällen kein befriedigendes
Ergebnis. Und man muss dazu Löcher in die Oberfläche bohren. Ob die
gewünschte Wirkung erreicht wird, sieht man aber erst, wenn die Löcher schon gemacht sind.
MF

ZUR PERSON
Parkettfabrikantin in der vierten Generation
Susann Schmid (46) ist Inhaberin und Geschäftsleiterin der
Schmid Parkett AG in Alpnach Dorf. Sie führt das 1878 gegründete
Unternehmen in der vierten Generation, im Jahr
2003 übernahm sie es von ihrem Vater. Das Unternehmen ist
ein reiner Produktionsbetrieb, verkauft nur selbst hergestellte
Böden. Es fertigt das Parkett aus vorwiegend einheimischem
Holz. Daneben restauriert die Firma alte Parkettböden.

www.schmid-parkett.ch